Liebe Freunde der krikikistischen Weltrevolution,
Was hat sich "Dr Sterni" bloß dabei gedacht, dass er es schon wieder wagt, uns mit einer ellenlangen Ansprache gewaltig auf die Nerven zu gehen und die letzten Tage des dahinscheidenden Jahres zu versaue(r)n, wird sich so manch einer unter euch fragen. Schließlich geben sich ja "de Merkel-Hax" und neuerdings auch unser salbungsvoll Bundeswehrwaffen segnende Ex-Pastor Joachim Gauck zum Jahresende die Ehre, uns aus unserem seligen Weihnachtstaumel aufzuschrecken. Zwar fallen diese Ansprachen immer langweiliger und floskelhafter aus, ihr Ziel, das Volk bei der Stange zu halten, erfüllen sie aber erstaunlicherweise jedes Mal in recht befriedigender Weise. Dabei tut es nur wenig zur Sache, dass es eigentlich die Ackermänner und die anderen führenden Bankenbosse im Lande sein müssten, die wahren Herren unserer Repunlik, die ihren Untertanen in regelmäßigen Abständen die Leviten lesen sollten. Dass dem nicht der Fall ist, hat wohl damit zu tun, dass es die wahren Herren der Macht doch lieber bevorzugen, sich diskret im Hintergrund zu halten, der Allgemeinheit vortäuschend, es existiere in der Scheindemokratie Deutschland noch so etwas wie eine Gewaltenteilung.
Dass ich heute zum Alarmmelder geeilt bin, um euch unsanft wachzurütteln, hat einen ganz gewichtigen Grund. Ich möchte euch nämlich allen ganz laut zurufen: Lasst euch nicht schon wieder veräppeln! Nun heißt es auf einmal, dass der von der ARD und allen anderen mehr oder weniger seriösen gleichgeschalteten Massenmedien vorhergesagte Weltuntergang nun doch nicht stattgefunden haben soll. Das ist schon wieder eine ganz unverschämte Lüge, denn das Gegenteil ist gerade der Fall:
Es ist mir deshalb eine ungeheure Genugtuung, euch verkünden zu dürfen, dass der seit 500 Jahren die Welt beherrschende Räuberkapitalismus, begründet auf eine Politik von Blut und Eisen, ermächtigt durch die Entwicklung und den Einsatz von Feuer- und Massenvernichtungswaffen, um die Menschheit skrupellos und mit einem möglichst hohen Eigennutzeffekt ausbeuten zu können, soeben seinen Todesstoß erhalten hat. Wie von Kriki-Astrologen bereits vor über 150 Jahren prophezeit wurde, versetzte sich das pervertierte System den Todesstoß selbst, verleitet und zum Größenwahn getrieben durch seine maßlose Gier nach immer höheren Profiten. Versteht mich bitte nicht falsch, ich spreche hier keineswegs von den schon so viele Jahre an die Seite gedrängten anständigen, produzierenden Unternehmern, sondern von der unproduktiven Gaunerbande im Frack und Zylinder, bestehend aus Hassardeuren, Erbschleichern und Finanzkriminellen, die trotz ihrer ererbten und zusammengeraubten Beutegüter nie genug vom großen Kuchen abbekommen konnten. Lasset uns also ein jauchzendes "Hallelujah" anstimmen, denn der Selbstmord einer Handvoll global agierender Finanzspekulanten wird unsere geschundene liebe Mutter Erde sicherlich ohne allzu große Kolateralschäden überstehen. Im Gegenteil, sie erhält dadurch endlich eine reale Chance, sich von dem jahrhundertelang erduldeten bösen Übel zu erholen und in Zukunft wieder in frohen, bunten Farben zu erblühen.
Wer Ohren habe, der höre: Das Kriki-Horrorskop und der mysteriöse Alte auf dem Finkenbergfelsen haben für das Frühjahr 2013 endlich den Beginn der Weltrevolution vorhergesagt. Ja, ihr habt ganz richtig geraten: alles startet in Spanien, nämlich in Sevilla, wohin ich von der krikikistischen Untergrundsregierung als Auslandskorrespondent entsandt wurde, um der Ausrufung der spanischen Räterepublik beiwohnen und bei der Aufstellung der Internationaler Brigaden aktiv mitwirken zu dürfen. Glaubt aber bitte nicht, ich hätte mich vorgedrängelt. Schließlich liegt es ja nicht an mir, dass mein Praktikumsgesuch in der bischöflichen Residenz vor Ort abgelehnt wurde. Nun bin ich halt gezwungen, meinen guten alten Vorbilder Hans Beimler, Arthur Becker und natürlich unserem Anton – nein, nicht diesem schäbigen Dublikat aus Tirol! – sondern unserem, ihr wisst schon, wen – nachzueifern, der von den Spaniern unter dem Namen Antonio Jinterrez de la Valle de Joaquin zum Volkshelden erhoben wurde.
Ich bitte euch auch herzlichst darum, nicht voreilig in Mitleidstränen der Schadenfreude auszubrechen. Glaubt nicht, dass euer Sterni wegen seiner Unverschämtheiten fernab der Heimat als verhasster Deutscher erschlagen, als Ketzer verbrannt oder gar als Heiland ans Kreuz geschlagen werden wird. Schließlich bin ich ja gar kein verhasster Deutscher, sondern ein bemitleidenswerter Erzgebirger, einem Volksstamme angehörig, der auf genauso schändliche Weise unterdrückt wird, wie man es heutzutage mit den Südeuropäern tut.
Was ich euch eben erzählt habe, bleibt natürlich ein Geheimnis unter uns Eingeweihten, sonst wird mir womöglich noch im letzten Moment das Visum entzogen und ich muss den ganzen Winter über in der deutschen Kälte bei erhöhten Strompreisen darben.
Ich wende mich jetzt lieber meinem heiß geliebten Erzgebirge zu, so heiß geliebt wie der Glühwein, der mir gerade durch meine durstige Gurgel rinnt. Seit einem halben Jahr bin ich meinen heimatlichen Bergen endlich wieder ganz mächtig auf die Pelle gerückt, seitdem ich mich nämlich hier in dr Chamz niedergelassen habe. Sterni ante portas, munkelt man seither in düsteren Amtsstuben. Doch es stört mich wenig, wenn ein aufgeschreckter Bürgermeister mittlerweile schon daran denkt, nach dem Abriss des Bahngebäudes nun auch den Abbruch der Schienengeleise von Aue bis Thalheim durch Ein-Euro-Fünfzig-Arbeitskräfte in die Wege leiten zu lassen, um besagten Störenfried den Aufstieg ins Gebirg' möglichst zu erschweren.
Ein neues Attentat, eingefädelt von südwestdeutschen Umweltbanausen bereitet mir da schon viel größere Sorgen. Stellt euch vor, der Wald, in dem der selige Igel Max weiland lebte und in dem heute noch unser liebes Eichhörnchen Horstl beheimatet ist, soll abgeholzt und plattgewalzt werden, um dort eine Riesen-Windenergieanlage zu errichten. Zur Zeit ist man gerade dabei, die Hundshübler und Stützengrüner Dorfältesten weichzuklopfen. Getraut es euch ja nicht, Dorfschulzen, euch bestechen zu lassen, sonst wird es euch möglicherweise hunds-übel ergehen!
Doch auch freudvollere Kunde gibt es aus dem Gebirg' zu berichten. Meine Heimatgemeinde Zschorlau ist jetzt vollkommen von einem neuen Berggeschrey erfasst worden. Millionen von Tonnen an Schwerspat und Wolfram, womöglicherweise auch noch Silber, Uran und Kupfer, sind in den Tiefen erkundet worden und sollen nun zum Wohle der Industrie ausgebeutet werden. Ein kleines Problemchen gibt es natürlich bei der Sache: der Steinberg muss weg! Der störte ja schon immer und war schließlich hauptverantwortlich für die vielen schlimmen Unwetter, die sich im Dorf in den letzten Jahrzehnten ereigneten. Jetzt soll der Bösewicht also weichen, damit die benötigte Anflugschneise für den Groß-Flughafen, der auf den Filzbachwiesen errichtet werden soll, angelegt werden kann, denn der Anflug aus Richtung Hundshübel wird ja wegen der geplanten Riesenwindmühlen unmöglich gemacht. Positiver Nebeneffekt: Steine, Granit und Kies können für den Pistenbau aus heimischer Produktion geliefert werden. Also liebe Zschorlauer, hurtig voran in die Supermoderne des 21. Jahrhunderts! Mit dem Abriss der ersten Dorfhäuser wird wohl schon im Laufe des Jahres 2013 begonnen werden können, da die Bodenschätze direkt unter dem Dorf verborgen liegen und deshalb eine Evakuierung der Bevölkerung nach Bitterfeld nötig wird.
Ich selbst will diesmal auch persönlich zu Schaufel und Spaten greifen, damit es nicht schon wieder heißt, der Sterni würde bloß immer dumm daherschwatzen. Geplant ist die Errichtung eines eigenen kleinen Bergwerkes, das ich auf dem Privatgrundstück von Herrn... - nein, ja keine Namen, damit mir bloß kein anderer zuvorkommt! Nach gutem alten sächsischen Bergrecht bin ich nämlich befugt, auf jedem beliebigen Grundstück zu schürfen. Dafür habe ich 10 % meines Gewinns an den Alteigentümer zu entrichten – oder dieser muss mir 10 % zu den Schulden dazublechen, die ich erwirtschaften werde – wir leben ja schließlich in einer gerechten Welt. Ich kann also theoretisch bereits im Mai mit meiner Buddelei beginnen, muss aber darauf achten, dass ich meinen Stollen nicht länger als zwei Tage hintereinander offen liegen lasse, denn dann müsste ich mit einer feindlichen Übernahme rechnen.
Oh mein Gott, jetzt hätte ich ja fast das Allerwichtigste ganz und gar vergessen, verfluchter Glühwein. Ich wollte mich bei euch allen ja nur erkundigen, ob ihr schon eine "Neie" von den Krippelkiefern erworben habt, denn die Auflage ist natürlich wieder einmal streng limitiert. Wir wollen nun mal nicht in die sächsische Hitparade!
Ich wünsche Euch allen fröhliche Weihnachtsfeiertage ohne Stress und Gallenkolik. Für das Neue Jahr 2013 sei euch Zivilcourage, Lebensmut, Gesundheit und aufrührerischer Geist beschert! Lasst euch nicht länger belügen, verdummen und einschüchtern! Haltet durch, wenn's irgendwie geht. Das wünsche ich übrigens auch mir und dem Rest Krippelkiefern-Bande, für die es, allen Schwierigkeiten zum Trotz, auch im kommenden Jahr ganz viel zu tun geben wird. Doch es ist ein steiler, steiniger Bergpfad, den wir hinaufkraxeln müssen. Wir rechnen auf eure Unterstützung.
Stefan Sterni Mösch
[1] "Hax" ist im Erzgebirgischen ein durchaus positiv besetzter Begriff, man denke nur an "de Kreiterhaxn", liebenswerten heilkundigen Weibeln, die durch die haamischen Berge schleichen, und wird hier keinesfalls als beleidigendes Schimpfwort sondern als ehrfurchtsvolles Prädikat gebraucht.